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    Infoboard
    29.11.2016

    Revisionsstelle – der Verzicht will gut überlegt sein

    Auf den ersten Blick ist der Verzicht auf eine Revisionsstelle attraktiv, hat jedoch seine Tücken. Gerade bei kleineren Unternehmen mit einer dünneren Personal- und Wissensdecke ist die Revisionsstelle ein wichtiger Partner für den Verwaltungsrat, um das eigene Haftungsrisiko zu minimieren.
    Revisionsstelle – der Verzicht will gut überlegt sein

    Das Obligationenrecht regelt zwei Revisionsarten: die ordentliche und die eingeschränkte Revision. Eingeschränkt prüfpflichtige Gesellschaften können gänzlich auf die eingeschränkte Revision verzichten (Opting-out), sofern die Gesellschaft im Jahresdurchschnitt nicht mehr als zehn Vollzeitmitarbeitende beschäftigt und sämtliche Aktionäre dem Verzicht zustimmen.


    Das Opting-out erfasst ausschliesslich die Prüfung der Jahresrechnung. Prüfungen besonderer Vorgänge (beispielsweise Gründungs- oder Kapitalherabsetzungsprüfungen) werden hingegen nicht erfasst. Zudem hat jeder Aktionär die Möglichkeit, wieder eine eingeschränkte Revision zu verlangen (Opting-in).


    Die gesetzlichen Vorschriften pro Revisionsart sind als Mindestanforderungen zu verstehen. Sie bestimmen den Mindestumfang der Prüfung sowie der Berichterstattung an die Generalversammlung und den Verwaltungsrat. Folglich kann die Gesellschaft darüber entscheiden, ob sie über die vorgesehenen Anforderungen hinausgehen möchte. Denkbar ist beispielsweise, dass eine Gesellschaft über die eingeschränkte Revision hinaus zusätzliche Prüfsicherheit wünscht, jedoch nicht alle Vorschriften zur ordentlichen Revision einhalten will (Opting-up). Solange das Revisionsrecht eingehalten wird und Dritte nicht getäuscht werden, ist dies zulässig.

    Ver­ant­wortung des Ver­wal­tungsrats

    Unter Berücksichtigung aller relevanten Schutzziele der Revisionspflicht bietet das Opting-System somit weitreichende Gestaltungsfreiheit. Diese wird jedoch unter anderem durch die Risiko- und Haftungsüberlegungen des Verwaltungsrats limitiert.


    Der Verwaltungsrat ist gegenüber den Aktionären, der Gesellschaft und den Gläubigern verantwortlich. Gemäss Art. 716a OR fasst der Verwaltungsrat Beschluss in allen Angelegenheiten, die nicht der Generalversammlung vorbehalten sind. Unter anderem obliegen ihm die Festlegung der Organisation sowie die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle und der Finanzplanung. Zudem führt der Verwaltungsrat die Oberaufsicht über die Gesellschaft und stellt die Gesetzes- und Statutenkonformität der Geschäftsaktivitäten sicher. Schliesslich erstellt er den Geschäftsbericht und benachrichtigt den Richter bei einer allfälligen Überschuldung.


    Um diese Aufgaben zu erfüllen, muss der Verwaltungsrat die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft regelmässig kontrollieren und die mit der Geschäftsführung betrauten Personen überwachen. Um die Gesetzes- und Statutenkonformität der Rechnungslegung sicherzustellen, sollte er sich über gesetzliche Neuerungen informieren und eine Risikobeurteilung durchführen.

    Vor- und Nach­teile des Opting-out

    Wenn keine Ansprüche von Drittparteien (Banken) bestehen, welche teilweise eine Revision als Qualitätssiegel verlangen, kann der Verzicht auf eine Revisionsstelle attraktiv sein. Die Gesellschaft spart dadurch Kosten und Zeit. Die gesetzlichen Pflichten des Verwaltungsrats bleiben durch den Verzicht jedoch unberührt.


    Namentlich bei kleineren Unternehmen bestehen aufgrund der dünneren Personal- und Wissensdecke erhöhte Risiken, dass Gesetzesverstösse nicht rechtzeitig erkannt und verhindert werden können. So sind beispielsweise Verstösse gegen das Geldwäschereigesetz, das Verbot der Einlagerückgewähr sowie die direkte Teilliquidation im Zusammenhang mit eigenen Aktien oft in der Praxis anzutreffen.


    Es besteht das Risiko, dass gesetzliche Entwicklungen zu spät oder unzureichend gewürdigt werden und die Erfahrung im Umgang mit neuen Sachverhalten der Rechnungslegung fehlt. Zudem ist die Umsetzung eines Vieraugenprinzips oft nicht praktikabel, so dass sich das Risiko von unentdeckten Fehlern und Vermögensdelikten erhöht.

    Spe­zi­alfall Or­ga­ni­sa­ti­ons­mangel

    Ein besonderes Risiko ergibt sich, wenn das Unternehmen nach Opting-out de jure wieder prüfpflichtig wird. Fehlt die Revisionsstelle und liegt kein gültiger Revisionsverzicht vor, stellt dies einen Organisationsmangel gemäss Art. 731b OR dar. Unternehmenswachstum, die Akquisition einer Beteiligung oder die Ausgabe einer Anleihenobligation können beispielsweise dazu führen, dass die Voraussetzungen für ein Opting-out wegfallen.


    Die Bestimmung kommt bei nachträglich auftretenden Organisationsmängeln zur Anwendung und soll sicherstellen, dass die einem bestimmten Organ zwingend zugewiesenen Kompetenzen dauerhaft von dem jeweils zuständigen Organ erfüllt werden. Gemäss Art. 731b OR kann der Richter der Gesellschaft unter Androhung ihrer Auflösung eine Frist ansetzen, binnen derer der rechtmässige Zustand wiederherzustellen ist. Zudem kann er das fehlende Organ oder einen Sachwalter ernennen, die Gesellschaft auflösen oder ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs anordnen.


    Seit der Einführung der Organisationsmängelnormen ist ein substanzieller Anteil der Konkurseröffnungen auf ein Verfahren nach Art. 731b OR (oder der jeweils entsprechenden Norm für eine andere juristische Person) zurückzuführen. Daher ist es wichtig, die Einhaltung der Voraussetzungen laufend zu überprüfen.

    Nutzen der Re­vi­si­ons­stelle

    Vor dem Hintergrund dieser Risiken wird der Wert der Revisionsstelle als externes Kontrollorgan und fachlich versierter Sparringspartner deutlich – dies gerade auch im Hinblick auf steuerliche Aspekte. Die Revisionsstelle stärkt die Qualität des Rechnungswesens und trägt aktuelles Fachwissen ins Unternehmen. Dadurch wird die Verlässlichkeit der Finanzinformationen erhöht, was sowohl für interne als auch für externe Anspruchsgruppen relevant ist. Insbesondere staatlich beaufsichtigte Revisionsunternehmen haben hohen Ansprüchen an die Qualitätssicherung und die interne Weiterbildung zu genügen und werden regelmässig von der eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde kontrolliert.


    Ausserdem kennt die Revisionsstelle die spezifischen Branchenanforderungen einer Gesellschaft. Sie identifiziert spezifische Risiken und steht bei Problemen der Rechnungslegung, der internen Organisation oder der Interpretation gesetzlicher Vorschriften beratend zur Seite.

    Fazit

    Der Verzicht auf eine Revisionsstelle ist auf den ersten Blick attraktiv, birgt jedoch Risiken insbesondere für den Verwaltungsrat. Für ihn ist die Revisionsstelle ein wichtiger und wertvoller Partner, um die ihm obliegenden Aufgaben verantwortungsvoll zu erfüllen, die Unternehmensrisiken zu beherrschen und das eigene Haftungsrisiko zu minimieren. Um einen Organisationsmangel zu verhindern, ist den Gesellschaften zu empfehlen, die Einhaltung der Voraussetzungen mit Opting-out jährlich zu überwachen.
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