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    01.09.2015

    Vaterschaftsurlaub – geltende Regeln nur durch Gesetzgeber änderbar

    Väter sind nach der Geburt ihrer Kinder in Bezug auf deren Betreuung nach wie vor schlechter gestellt als Mütter. So erhalten sie im Falle einer Elternzeit beispielsweise keine Elternschaftsentschädigung gemäss EOG. Eine Gleichstellung ist auch nach einem neuen Bundesgerichtsurteil nicht in Sicht.
    Vaterschaftsurlaub – Geltende Regeln nur durch Gesetzgeber änderbar

    Als A. zum zweiten Mal Vater wurde, bezog er drei Wochen Ferien, wovon ihm gemäss den internen Richtlinien seiner Arbeitgeberfirma drei Tage für die Vaterschaft zugesprochen worden waren. Den Rest bezog A. auf Kosten seines Ferien- und Überzeitkontos. Zudem vereinbarte er mit der Arbeitgeberin, zu einem späteren Zeitpunkt weitere vier Wochen Ferien zu beziehen, um die Eingewöhnung seines Sohns in der Kinderkrippe sicherzustellen. Am 3. September 2013 stellte er bei der AHV-Zweigstelle der Stadt Bern ein Gesuch um «Elternschaftsentschädigung gemäss EOG» für einen «Elternurlaub » von sechs Wochen.


    Die Ausgleichskasse wie auch das Verwaltungsgericht des Kantons Bern verneinten seinen Anspruch, so dass A. daraufhin mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht gelangte.


    Gemäss Art. 16b ff. EOG hat jede berufstätige Frau, die während der neun Monate unmittelbar vor Niederkunft mindestens fünf Monate lang erwerbstätig war und AHV-versichert ist, Anspruch auf den Bezug von Mutterschaftsentschädigung während des Mutterschaftsurlaubs. Dieser Erwerbsersatz wird im Sinne eines Taggelds (80% des letzten Lohnes oder maximal 196 Franken pro Tag) während 14 Wochen ausbezahlt. Der Anspruch beginnt ab dem Tag der Niederkunft und endet am 98. Tag nach Beginn.


    A. macht eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots nach Art. 8 Abs. 3 BV sowie eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geltend. Geschlechter dürfen laut Bundesgericht nur ungleich behandelt werden, wenn die Gründe auf funktionalen oder biologischen Unterschieden beruhen, welche eine Gleichbehandlung absolut ausschliessen (BGE 129 I 265). Wegen des Gleichbehandlungsgebots in Art. 8 Abs. 3 BV können namentlich traditionelle Rollenverteilungen nicht als Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung herangezogen werden. A. begründet die Verletzung des Gleichbehandlungsgebots damit, dass nur während der ersten acht Wochen nach Geburt «zwingende biologische Gründe» eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würden. Diese Zeit stehe der Mutter zu Erholungszwecken zur Verfügung, weshalb es der Frau gesetzlich verboten sei, arbeiten zu gehen (Art. 35a ArG). Danach könnte die Frau freiwillig wieder die Arbeit aufnehmen. Von der 9. bis 14. Woche des Mutterschaftsurlaubs stünde deshalb der Urlaubs- und Entschädigungsanspruch der Frau nicht mehr aus zwingenden biologischen Gründen, sondern zum Aufbau einer Bindung zum Kind und damit aus sozialen Überlegungen zu. Dass der Anspruch nur der Frau zustehe, beruhe auf überkommenen gesellschaftlichen Vorstellungen der 50er-Jahre und knüpfe unzulässig an das Geschlecht an, denn ab der 9. Woche werde der Mutterschaftsurlaub faktisch zu einem Elternurlaub, welcher geschlechtsneutral gewährt werden müsse.


    Das Bundesgericht hielt jedoch am Urteil der Vorinstanz fest und begründete seinen Entscheid damit, dass der Wortlaut von Art. 16b EOG klar und unmissverständlich ist. Anspruchsberechtigt auf Mutterschaftsentschädigung sind Frauen. Eine Ausdehnung wurde auch bei der im Jahr 2005 eingeführten Mutterschaftsversicherung nicht diskutiert. Auch die im Jahr 2005 eingereichten parlamentarischen Vorstösse wurden abgelehnt. Der Gesetzgeber will einen Anspruch auf Erwerbsersatz nach Geburt bewusst nur auf Frauen beschränken. Der während 14 Wochen entschädigte Mutterschaftsurlaub dient der Mutter zur Erholung und stellt eine Minimallösung der von der EU vorgeschriebenen Dauer des Mutterschutzes dar. Auf das zentrale Argument des Beschwerdeführers, die letzten sechs Wochen des Mutterschaftsurlaubs würden aus sozialen Überlegungen gewährt und führten zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung, geht das Bundesgericht nicht ein.


    Das Bundesgericht verweist auf ein Urteil aus dem Jahre 1994, in welchem festgehalten wurde, dass ein Vaterschaftsurlaub zur Überwindung der traditionellen Rollenverteilung sehr wohl einen Beitrag leisten könnte und eine solche Massnahme auch die Gleichstellung von Mann und Frau in der Familie und Arbeit fördern würde. Jedoch sei dies Sache des Gesetzgebers, entsprechende Massnahmen einzuführen. Das Gericht weist darauf hin, dass es zur Aufgabe hat, Bundesgesetz anzuwenden und es eine allfällige Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes nur vorfrageweise überprüft.

    Fazit

    Väter sind in Bezug auf die Betreuung ihrer Kinder direkt nach der Geburt und somit auch in Bezug auf die Intensivierung der Eltern-Kind-Bindung schlechter gestellt als Mütter. Diese Schlechterstellung ist vom Gesetzgeber so gewollt und kann laut Bundesgericht mit biologischen Gründen gerechtfertigt werden. Eine unzulässige Diskriminierung aufgrund des Geschlechts liegt deshalb nicht vor. Somit kann eine Änderung der geltenden Regelung durch Einführung eines für Väter und Mütter geltenden Elternurlaubs nur vom Gesetzgeber vorgenommen werden.
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